VerkäuferInnen-Porträts

„Ich komme aus der Nähe von Bacau, Rumänien. Mein Papa ist gestorben, als ich acht Jahre alt war. Meine große Schwester war zehn, die beiden anderen Schwestern waren noch kleiner als ich. Das Haus, in dem wir damals gewohnt haben, hat mein Opa uns weggenommen. Er hat gesagt, jetzt wo sein Sohn tot ist, müssten wir raus. Wir haben dann bei der Mama meiner Mama gewohnt. Sieben Leute zusammen in einem Zimmer. Ich habe zwar zehn Klassen gemacht, aber einen Beruf habe ich nicht gelernt. Ich habe früh geheiratet, wollte meine Mama dadurch entlasten. Ich habe einen Sohn und eine Tochter, beides Teenager. Hier bei Hannover habe einen Minijob in der Hauswirtschaft. Da helfe ich älteren und kranken Leuten beim Waschen und Anziehen, und ich gebe ihnen Essen. Außerdem mache ich noch Büros sauber. Leider sind das nicht viele Stunden im Monat, deshalb verkaufe ich zusätzlich Asphalt. Das Geld von Asphalt nehme ich zum Einkaufen.“

Asphalt-Verkäuferin Ionela (34) verkauft Asphalt bei Hannover vor Rewe in Sehnde und vor Edeka und Rewe in Schwarmstedt.

„Ich bin jetzt schon über 25 Jahre dabei. Damals bin ich nach Hannover reingefahren, um mir die Innenstadt endlich mal anzugucken. Und da war dann die Asphalt-Zeitung. Damals, in der DDR, war ich in der Landwirtschaft. So etwa 30 Jahre lang. Da habe ich nachts um zwei Uhr angefangen, die Kühe zu melken. Anfangs noch mit der Hand. 30 Kühe. Bis sechs Uhr musste ich fertig sein, weil dann der Milchwagen gekommen ist. Asphalt verkaufe ich immer weiter. Aber ich mache das nicht nur wegen dem Geld. Ich sage ganz ehrlich: Wenn ich jetzt nicht arbeiten gehe, dann bin ich bald gestorben. Ich brauche das. Ich muss mich bewegen. Wenn ich mich nicht mehr bewege, dann schlafe ich ja den ganzen Tag bloß. Und ich brauche auch die Menschen, mit denen ich mich dadurch jeden Tag unterhalte.“

Asphalt-Verkäufer Karle (80) verkauft Asphalt in Hannover vor Saturn am Ernst-August-Platz, vor der Ernst-August-Galerie in der Kurt-Schumacher-Straße und vor McDonald’s in der Niki-de-Saint-Phalle-Promenade.

„Die soziale Kälte hat zugenommen, der Sozialneid wird auch immer mehr. Ich merke das als EU-Rentner nicht so sehr, aber viele meiner Bekannten leiden. Ich komme über die Runden, bescheiden, aber schuldenfrei, das habe ich als Kind schon gelernt. Das hat mir mein Vater beigebracht. Er ist mein Vorbild, denn er hat mir viele Sachen gezeigt, wie das Melken der Kühe, da durften wir Kinder helfen und nein, er hat ja im Krieg ein Bein verloren, das möchte ich nie erleben. Dadurch war er auch ständig auf die Hilfe von mir oder meinen Brüdern angewiesen. Mein Hobby ist das Fotografieren. Ich habe auch schon Bilder ausgestellt, das macht mir viel Freude. Da bitten mich auch viele um Rat. Da bin ich ein wenig stolz drauf.“

Asphalt-Verkäufer Detlef „Rocky“ (64) verkauft Asphalt hinter „Karstadt“ in Göttingen und auf Veranstaltungen in Kassel.

„Ich bin viel rumgekommen. Geboren und aufgewachsen bin ich in Mönchengladbach. Dort habe ich bei meinen Eltern gelebt, bis ich 18 Jahre alt geworden bin. Vier Jahre lang war ich als Lagerhelfer bei der Rheinarmee, gleichzeitig ging mehr und mehr das Leben auf der Straße los. Habe draußen gelebt, also richtig auf der Straße, das volle Programm. In Obdachlosenheime wollte ich bewusst nie. Und von Junkies und Alkoholikern habe ich mich immer ferngehalten. Unter anderem war ich einige Jahre auf der Kirmes in Geldern tätig, später auch mal als Hilfskoch auf einem Schiff. In Münster war ich eine Weile, auch in Osnabrück. Später in Wilhelmshaven, wo ich einen Nebenjob bei der Diakonie hatte und dort auch wohnen konnte. Es geht ja immer weiter. Irgendwann verschlug es mich nach Ahlhorn. Ich kontaktierte die Gemeinde, kam bei den Pfadfindern in Sage unter. Inzwischen habe ich eine Übergangswohnung, das ist schon einmal toll. Ein Traum wäre natürlich eine eigene, kleine Wohnung.“

Asphalt-Verkäufer Frank (55) verkauft bei Oldenburg Asphalt vor dem Edeka Boekhoff in Sandkrug.