Hannover. Die Landesarmutskonferenz (LAK) Niedersachsen fordert angesichts sich häufender und gegenseitig verschärfender Krisen eine Gesamtstrategie zur Bekämpfung von Armut. „So richtig einmalige Leistungen wie die geplante Verdopplung des einmaligen Heizkostenzuschusses für Wohngeldempfänger auf nun 270 Euro auch ist: Es ist Stückwerk. Die sich häufenden und gegenseitig verschärfenden Krisen wie Corona, Inflation, Krieg haben gezeigt: Mit ein paar Euro hier und dem Drehen an zwei oder drei beliebigen Stellschrauben da ist die wachsende Spaltung zwischen Arm und Reich nicht zu stoppen“, mahnt LAK-Sprecher Thomas Uhlen.
Aktuelle Beispiele für die Gräben in der Gesellschaft seien die Sparquote oder die Gas- und Strompreisbelastung. Die unteren zehn Prozent der Bevölkerung hätten in den vergangenen drei Monaten in Sachen Sparen Minus von 23,8 Prozent zu verzeichnen, hätten also Schulden gemacht, die oberen zehn Prozent der Gesellschaft dagegen hätten von Januar bis März Zuwächse von 37,5 Prozent gehabt. Bei der Entwicklung der Gaspreise bezogen auf das verfügbare Nettoeinkommen, seien die unteren Zehn von Hundert mit 13,7 Prozent mehr belastet, die oberen Zehn von Hundert der Gesellschaft mit nur 1,7 Prozent mehr belastet. Ähnlich bei den Preisasteigerungen beim Strom: Untere 10 Prozent: 6, 5 Prozent. Obere 10 Prozent: 1,0 Prozent. Mit anderen Worten: Die Einen besitzen immer mehr Vermögen, die Anderen frieren im Winter bei Dunkelheit in ihren Wohnungen und müssen schlimmstenfalls hungern. Die Zahl der Tafelbesucher habe, so die LAK, angesichts steigender Energie- und Lebensmittelkosten und der Ukraineflüchtlinge derart stark in den vergangenen Wochen zugenommen, dass der Verband öffentlich zu Lebensmittelspenden aufgerufen hat. „Um diesen Prozess zu stoppen, brauchen wir eine Gesamtstrategie zur Bekämpfung von Armut, auf Ebene der Kommunen, Länder und des Bundes“, so Uhlen. „Wichtig ist dabei eine umfassende Beteiligung der Betroffenen an diesem Prozess und ein ressortübergreifender Ansatz.“ Eine solche Gesamtstrategie brauche zwei Säulen, so Uhlen: Finanzielle Leistungen und eine Infrastruktur für mehr Integration und Teilhabe für alle stark betroffenen Personengruppen, von Alleinerziehenden über Flüchtlinge bis hin zu Langzeitarbeitslosen. Die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel und Energie müsse für ein Jahr bis über den nächsten Winter hinaus ausgesetzt werden. „Das hilft Armen direkt.“ Als Gegenfinanzierung solle ein Mehrwertsteuersatz von 0,1 % auf Aktienhandel, der bisher komplett von dieser Steuer befreit ist, eingeführt werden. MAC / Foto: Macke
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