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Streit um Raschplatz-Szenen

Wie weiter mit den Plätzen hinterm Hauptbahnhof von Hannover? Und mit ihren Nutzern. Im Sozialausschuss des Rates stritten CDU-Opposition und grün-rote Ratskoalition anhand zweier Anträge an die Verwaltung um den richtigen Weg: Hilfe und Integration der Nutzerszenen oder Vertreibung und Zerstreuung? Oder alles irgendwie zusammen? Fakt ist, die Stadt plant mittelfristig Großes: Die Aufgänge zum Pavillon sollen erneuert, der Andreas-Hermes-Platz verschönert, der Raschplatz eventuell ganz zugebaut werden, damit es eine breite direkte Verbindung zur Hochstraße gibt, die die City wie ein Wall von der List trennt. Fakt ist auch:  Vorne am Raschplatz treffen sich tagsüber bis zum 30 Trinker, abends junge Partypeople, laut und schmutzig. Hinten am Raschplatz mischen sich die KlientInnen des Kontaktladen Mecki und die örtliche Drogenszene, vor allem Crack macht hier vielfach die Runde. Als erster Schritt in Sachen geplante Vertreibung muss der Umstand gedeutet werden, dass zuletzt zwei ehrenamtliche Organisationen, die dort mehrmals pro Woche Hungernden und Obdachlosen halfen, auf andere Plätze verwiesen wurden: Georgsplatz und Goseriede.

Weil vor allem die Crack-Szene sich in den vergangenen Monaten vom Stellwerk hinterm Amtsgericht an den Raschplatz verlagert hatte, scheint der Koalition Eile geboten und fordert: „Die Verwaltung wird beauftragt zu prüfen, ob und wo es im Umfeld des Nordausgangs des Hauptbahnhofs einen geeigneten Ort gibt, der einen Raum für den geschützten, sicheren und sauberen Konsum der Droge Crack bieten kann.“ Die CDU fordert nun „die Hilfsangebote für Obdachlose, die Trinker- und offene Drogenszene zu dezentralisieren“ und eine neue Crack-Substitutionsstelle „außerhalb des Bereichs des Raschplatzes anzusiedeln“. Wenn der Hinterhof von Hannovers Bahnhof seitens der Bahn bald ohnehin umgebaut werde (unter anderem muss das Stellwerk vom bisherigen Standort zwischen Augustenstraße und Fernroder Tunnel bald weichen), dann sei es „widersprüchlich und kontraindiziert, die Einrichtung eines Crack-Konsumraums in diesem Gebiet auch nur zu erwägen“, so die Christdemokraten. Für die Grünen betonte Michael Rinker, eine oft als Lösung vieler sozialer Probleme postulierte Dezentralisierung dürfe nicht dazu führen, dass die Szenen die Hilfseinrichtungen nicht annehmen. „Eine völlige Aufteilung der Szenen auf weit auseinander liegende Standorte wird nicht einmal von der Polizei befürwortet“, ergänzte Robert Nicholls (SPD). Juli Klippert von Die Partei kritisierte, dass die Stadt sich mit konkreten Infos zur Stadtplanung bisher ziemlich bedeckt halte. „Das Thema wird selbst beim Innenstadtdialog ausgespart.“

Mit rotgrüner Mehrheit wurde beschlossen: Die Stadt soll – in Bahnhofsnähe – einen neuen Treffpunkt einrichten, in dem Crack-Süchtige gemeinsam Crackpfeifen rauchen können. Dafür ist eine Absprache mit Polizei und Staatsanwaltschaft nötig, denn Gruppenkonsum von Drogen zu fördern ist verboten. Die Behörden müssten also aktiv wegschauen. Zudem soll die Stadt sich darum bemühen, in einem Modellprojekt mit der Wissenschaft daran zu arbeiten, mittelfristig analog zu Methadon ein Substitut für Crack zu entwickeln, um den Süchtigen den Weg in den Ausstieg zu ebnen. MAC

Der Raschplatz. Foto: V. Macke

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