Erst gerettet, dann abgeschoben, zurückgekommen, gestorben: Pawel P. (45) ist tot. Erfrieren als Todesursache nicht ausgeschlossen. Stadt Hannover agiert widersprüchlich. Anfang Februar wurde der polnische Obdachlose Pawel P. tot am Raschplatz hinter dem Hauptbahnhof aufgefunden. Eine Obduktion hat laut Auskunft der Staatsanwaltschaft ergeben, dass Erfrieren als Todesursache nicht ausgeschlossen werden kann. Eigentlich hätte Pawel gar nicht dort in der Kälte sein sollen. Sondern in einer Pflege-WG-für Wohnungslose. Hätte man auf die Wohnungslosenhilfe gehört. Doch die städtischen Ordnungsbehörden hatten ihn lieber abschieben lassen. Pawel war im November schon einmal Kälteopfer. Gemeinsam mit dem ebenfalls polnischstämmigen Miro war er damals unterkühlt aufgefunden worden. Miro starb sofort im Krankenhaus (Asphalt berichtete). Pawel konnte zunächst gerettet werden, lag zwischenzeitlich auf der Intensivstation. Direkt aus seinem langen Krankenhausaufenthalt im Regionskrankenhaus Burgwedel war Pawel in Abschiebehaft genommen worden, obwohl er noch nicht auskuriert war und dringend weitere Pflege in einer Pflegeeinrichtung für Wohnungslose gebraucht hätte. Das bestätigen Aussagen von KrankenhausmitarbeiterInnen. Pawel musste zu dem Zeitpunkt mindestens wegen noch starker Schmerzen ergänzend medizinisch behandelt werden. Zudem litt er mindestens an einer Herzschädigung.
Die Selbsthilfe für Wohnungslose (Sewo) hatte daher gemeinsam mit der Clearingstelle Gesundheitsversorgung und der städtischen Straßensozialarbeit versucht, Pawel im Anschluss an seinen Klinik-Aufenthalt in einer neuen Kurzzeitpflege für kranke Obdachlose unterzubringen. Das Bett war quasi schon bereitet. Doch die drei Hilfestellen konnten ihn trotz mehrfacher Suche Mitte Januar nicht mehr erreichen. Denn städtische Ordnungsbehörden hatten – wie sich jetzt herausstellt – den Obdachlosen Mitte Januar direkt aus dem Krankenbett heraus im Ausreisegewahrsam inhaftiert, ohne die Wohnungslosenhilfe davon in Kenntnis zu setzen. Ihre Begründung: „Er ist wiederholt strafrechtlich in Erscheinung getreten und wurde verurteilt, weitere Auskünfte können aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nicht gemacht werden.“ Dem Vernehmen nach war Pawel P. wegen Schwarzfahrens und nicht gezahlter Geldbußen seine EU-Freizügigkeit aberkannt worden. Rund zehn Tage nach seiner Inhaftierung wurde Pawel P. am 24. Januar in medizinischer Begleitung über Frankfurt/Oder nach Polen abgeschoben. „Sein Allgemeinzustand wurde ärztlich als stabil diagnostiziert. Gründe, die gegen den Ausreisegewahrsam gesprochen oder die Rückführung verhindert hätten, gab es nicht“, so eine Sprecherin der Landeshauptstadt auf Asphalt-Nachfrage. Fünf Tage später (es war sein Geburtstag) kam der von Krankheit gezeichnete Mann zurück nach Hannover. Zurück in seine Community im hannoverschen Bahnhofsviertel. Nur wenige Tage später wurde er tot am Raschplatz aufgefunden.
Bis Redaktionsschluss konnte nicht geklärt werden, wer genau Pawel, entgegen der Aussagen der KrankenhausmitarbeiterInnen, als gesundheitlich stabil und abschiebefähig diagnostiziert hatte. Ungeklärt ist zudem, warum die städtischen Ordnungsbehörden offenbar nicht ihre städtischen KollegInnen in der Wohnungslosenhilfe über die Inhaftierung und bevorstehende Abschiebung informiert hatten. MAC
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